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James Webb Space Telescope: Warten auf das Licht

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Text: Clara Moskowitz
Fotos: Chris Gunn/NASA
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Endlich ist sein Kind selbstständig. Gut 20 Jahre lang hat Chris Gunn die entscheidenden Momente in der Entwicklung des James Webb Weltraumteleskops eingefangen, war zumeist dabei, während man es zusammenbaute und testete. Erlebte Pannen, Verzögerungen und freut sich nun auf den Start des Teleskops der Superlative.

Am 25. Dezember 2021 ist es ins All gestartet. Bis zum vollständigen Betrieb jedoch werden noch einige Monate vergehen. Dann wird das Teleskop sein Auge mit 6,5 Meter Durchmesser gen Himmel richten und das Motiv von Gunns Fotografien wird selbst zum Fotografen werden. »Ich will diese ersten Aufnahmen sehen. Das ist mir am wichtigsten», sagt Gunn.
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Welche Hürden es bis zu diesem Moment zu nehmen galt, zeigen die folgenden Fotos aus rund zwei Jahrzehnten Bauzeit.
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Techniker untersuchten eines der 18 hexagonalen Segmente, die den Primärspiegel des James Webb Space Telescopes bilden. Die Segmente aus Beryllium sind mit je 3,4 Gramm Gold überzogen. Sie sollen außergewöhnlich stark und trotzdem leicht sein: Jedes Segment wiegt lediglich zwanzig Kilogramm. Sie wurden auf eine faltbare Struktur montiert, die für den Start in die Rakete gepackt wird und sich erst im Weltraum wieder öffnet. »Der Moment wird mir so gut im Gedächtnis bleiben, weil die meisten Menschen auf dieser Aufnahme noch nie zuvor die Spiegel selbst gesehen hatten«, sagt Chris Gunn. »Am Anfang kamen die Spiegelsegmente eines nach dem anderen dann, dann zu zweit, dann zu dritt. Jede Inspektion hat bis zu anderthalb Stunden gedauert.«
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Das James Webb Space Telescope soll die ältesten Galaxien im Universum beobachten, neue Planeten und junge Sternsysteme aufspüren und die Planeten unseres Sonnensystems untersuchen.

Es ist das teuerste Teleskop, das je gebaut wurde: rund zehn Milliarden US-Dollar, umgerechnet etwa 8,8 Milliarden Euro. Es wurde gebaut, um im infraroten Bereich des elektromagnetischen Spektrums Beobachtungen anzustellen.
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Kostbare Fracht

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Mitarbeiter transportierten ein Spiegelsegment. Die Bauteile wurden ans Goddard Space Flight Center der NASA in speziell dafür gebauten Transportkanistern von ihrem Hersteller geliefert, Ball Aerospace im US-Bundesstaat Colorado. Jeder Spiegel ist 1,32 Meter breit. Insgesamt ergeben sie eine Lichtsammelfläche, die sechs Mal so groß ist wie der Spiegel des Hubble-Weltraumteleskops.
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Die Einzelteile des JWST, seine Spiegel und Instrumente, hat das Team sorgsam im High Bay Clean Room am NASA Goddard Space Flight Center in Greenbelt im US-Bundesstaat Maryland zusammengebaut. Dabei handelt es sich mit fast 37000 Kubikmetern Volumen um den größten Reinraum der Welt – inklusive einer ganzen Wand HEPA-Luftfilter, die Schmutz und Staub davon abhalten sollten, die empfindliche Optik des Teleskops zu kontaminieren.  
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Um sich vor der störenden Hitzestrahlung der Sonne und der Erde abzuschirmen, wird das James Webb Space Telescope zu einem Aussichtspunkt fliegen, der rund 1,5 Millionen Kilometer von unserem Planeten entfernt ist. Dort wird es einen Sonnenschirm entfalten, so groß wie ein Tennisplatz, der zusätzlichen Schutz bietet.

Dieses heikle Manöver – ebenso das Ausklappen der Primär- und Sekundärspiegel – muss perfekt ablaufen. Man kann schließlich nicht wie beim Hubble-Weltraumteleskop Astronautinnen und Astronauten hinterherschicken, um das Teleskop zu reparieren.

»Ich bin mir sicher, dass unsere Ingenieure fantastische Arbeit geleistet haben. Sie haben alles getestet, was sich testen lässt«, sagt Heidi Hammel, eine interdisziplinäre Wissenschaftlerin für das JWST. »Es kommt ein Punkt, an dem man handeln muss. Wir sind bereit.«
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Ein goldener Käfig

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Bevor man die richtigen Instrumente baute und testete, wurde eine Ersatzversion der JWST-Optik namens Optical Telescope Element Simulator weltraumähnlichen Bedingungen im Space Environment Simulator am Goddard Space Flight Center ausgesetzt. Goldene Wärmedecken umhüllen ein System, das zur Unterstützung und zur Wärmekontrolle dient. Dazu gehören auch Paneele mit flüssigem Stickstoff, die die Temperatur des Simulators auf rund minus 170 Grad Celsius halten können. Das soll die Temperaturextreme simulieren, die das Teleskop jenseits der Erde erfahren wird.
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Kalt und luftleer

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100 Tage kryogene Tests sollten sicherstellen, dass das JWST auch die Bedingungen im Vakuum des Alls aushalten kann. Das Experiment hat in Chamber A stattgefunden, einem riesigen Raum für Wärme- und Vakuumtests am NASA Johnson Space Center in Houston. Die Testkammer ist die größte ihrer Art weltweit, und wird von einer Tür geschützt, die 40 Tonnen wiegt und 12,2 Meter breit ist. In den 1960er Jahren wurde die Kammer für Tests von Ausrüstung für die Apollo-Mondmissionen genutzt.
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Prüfen, prüfen, prüfen

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Ein Techniker ging sorgfältig mit der Goldfolie um, welche die Instrumente während der kryogenen Tests im Space Environment Simulator umhüllt hat. Diese intensiven und wiederholten Tests sollten sicherstellen, dass das James Webb Space Telescope auch funktionieren wird, wenn es sein Ziel im All erreicht hat. Denn sobald es gestartet ist, haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler außer Software-Korrekturen nichts zu bieten, sollte etwas schiefgehen. »Es ist definitiv ein komplexes Observatorium. Und es ist ein Teleskop, das wir nicht wie das Hubble-Weltraumteleskop warten können«, sagt Knicole Colon. »Aber wir haben sehr viel Redundanz in die mechanischen Systeme des JWST verbaut, und alle Beteiligten haben sehr viel Sorge walten lassen, auch die allerkleinsten Aspekte zu testen und zu überprüfen.«
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Der ausgeklügelte Sonnenschild des JWST ist nicht der einzige Schutz, der das Teleskop kühl halten wird. Störendes Licht und Hitze werden durch eine zusätzliche schützende Schicht aus Decken hinter dem Primärspiegel abgeschirmt. Das Observatorium ist offen, ihm fehlt der Tubus um seine optischen Systeme, die die meisten Teleskope haben. Deshalb soll diese Extraschicht sogar die schwächste »Lichtverschmutzung« von Sternen und Galaxien hinter dem Spiegel herausfiltern.
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Techniker untersuchten die Spiegel während eines »Licht aus«-Tests. »Das ist sozusagen eine Abendaufnahme, weil sie diesen Test bei Dunkelheit durchführen mussten«, sagt Chris Gunn. »Ich wollte immer, dass meine Bilder ausdrücken, wie viel Arbeit in so einem Projekt steckt. Wenn Menschen über das JWST sprechen und wie lange es gedauert hat, es zu bauen, denke ich: Hätten sie irgendeine Vorstellung und Wertschätzung für die ganze Arbeit, die darin steckt, würde die Zeit, die dafür gebraucht wurde, nicht eine derart große Rolle spielen.«
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Eigentlich sollte das James Webb Space Telescope nicht mehr als eine Milliarde US-Dollar kosten und im Jahr 2007 starten. Doch Probleme im Management, technische Herausforderungen, Budgetüberschreitungen und Terminverzögerungen haben dem himmlischen Teleskop irdische Stolpersteine auf seinem Weg ins All beschert.

Sobald das Teleskop endlich an Bord einer Ariane-5-Rakete aus Französisch-Guayana abhebt, werden Tausende von Wissenschaftlern, Ingenieuren und sonstige Beteiligte, die sich mit dem JWST abgemüht haben, die Daumen für einen sanften Flug drücken. »Für mich ist das ein riesiger Teil meines Lebens«, sagt der Fotograf Chris Gunn. Es sei ein wenig, wie ein Kind großzuziehen – »aber auch anders, weil es so viele weitere Eltern gab«.
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© Scientific American, »At Long Last, the James Webb Space Telescope Is Ready for Launch«, 2021

Text: Clara Moskowitz ist Redakteurin bei »Scientific American« für Themen aus dem All und der Physik.
Übersetzung: Franziska Konitzer, Astrophysikerin und freie Wissenschaftsjournalistin.

Layout: Franziska Konitzer und Dennis Dirdjaja

Fotos: NASA / Chris Gunn ist Fotograf in Washington, D.C., und ist auf Wissenschaft und Technologien spezialisiert. Er ist leitender NASA-Fotograf für das James-Webb-Space-Telescope-Projekt.

Übrige Abbildungen: Sternenhintergrund: imijaloff / Getty Images / iStock; Spiralgalaxie: JuSun / Getty Images / iStock; Exosonne: Arkadiusz Warguła / Getty Images / iStock; Outer Space: Fug4s / Getty Images / iStock
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